Künstlerkolonie Brannenburg
Auszug aus dem Buch " Mit den Malern durch den Landkreis Rosenheim" von Fritz Aigner und Josef Bernrieder, herausgegeben vom Landratsamt Rosenheim im Herbst 89, Seite 23-26..
Die Umgebung Brannenburgs hatte es den Malern des frühen 19. Jahrhunderts besonders angetan. Da gab es westlich von Brannenburg waldige Hänge mit hohen, alten Bäumen, da stürmten noch wilde Gebirgsbäche zu Tal, da gab es bunte Almwiesen und herrliche Höhenrücken. Gegen Süden zu zieht sich die Biberhöhe mit den Steinbrüchen hin, die Julius Lange (1817-1878) zum gewaltigen Bild vom Bibersteinbruch (1846) inspirierte. Da lag noch in friedlicher Ruh das Haufendorf Brannenburg mit seinem Schloß. Dem landschaftlichen Zauber konnten sich die Maler nicht verschließen. Schon zu Beginn der Vierziger Jahre stellten sich Maler in Brannenburg ein. Es war bereits damals eine Art Kolonie, eine Alternative zu der auf der Fraueninsel.
Eigentlich beginnt die Malgeschichte Brannenburgs mit dem großartigen Landschaftsmaler Carl Rottmann (1798-1850), der 1822 seine erste Reise nach Brannenburg unternahm. Die Gegend ließ Rottmann auch in den nächsten Jahren nicht mehr los. Ganz anders das spätromantische Bild des früh verstorbenen Paul Georg von Mohr (1808-1843), der 1838 den Steintreppenaufgang zur Biber-Wallfahrtskirche wiedergegeben hat. Heinrich Rudolf Pöppel (1823-1898) schuf 1852 ein einfühlsames Bild "Partie bei Brannenburg" und 1856 das herrliche Gemälde " Blick auf die Biber". Es fanden sich in diesem Refugium nicht nur Landschaftsmaler ein, sondern auch Historien-und Figurenmaler; die letzteren auch, um sich in der guten Luft und Bergwelt zu erholen. Tonangebend in der Korona der Künstler waren in den fünfziger Jahren die Gebrüder Richard August Zimmermann (1820-1875) und August Max Zimmermann (1811-1878). Carl Spitzweg (1808-1885) und Eduard Schleich d.Ä. (1812-1874) zog Schloß und Dorf in den Fünfziger Jahren an. In der Neuen Pinakothek München hängt ein kleines Ölgemälde, das uns das alte Schloß von Brannenburg mit gewittriger Landschaft zeigt. 1872 malte Eduard Schleich noch eine "Partie bei Brannenburg".
Der Kreis der Maler belebte sich, als die Künstler von "Jung-München" Brannenburg als Sommerstandort wählten. Wilhelm Busch (1832-1908), Theodor Pixies (1831-1907) und andere machten sich 1856 erstmals auf den Weg in das Bergdorf. Busch schuf unter anderem hier seine ersten Ölbilder, wie das"Schloß und Kirche in Brannenburg, den herrlichen "Bayerischen Bauernbub" und die "Ansicht eines Bauernhauses". Weitere Motive von Brannenburger Bauernhöfen, von St. Peter auf dem kleinen Madron und von Schloß und Kirche Brannenburg enthalten Buschs Skizzenbüche aus den Jahren 1858-1866.
Der für die Entwicklung der Münchner Landschaftsmalerei so bedeutende Adolf Lier (1827-1882) entdeckte um 1857 die Köstlichkeiten der Landschaft um Brannenburg. Besonders haben ihn die alten Bäume in der Landschaft zu einmalig leuchtenden Werken inspiriert. Der Schweizer Landschafter Johann Georg Steffan (1815-1905), der vor allem Berchtesgaden und die Ramsau in seinen Bildern festhielt, machte damals auch dem Ort, zusammen mit seinem Schüler Julius Noerr (1827-1897), seine Aufwartung. Anton Braith (1836-1905) und sein Freund Albert Kappis (1836-1914) waren im Herbst 1860 zu Fuß nach 20stündigem Marsch aus München in Brannenburg angekommen. Von Kappis hat sich ein Skizzenbuch dieses Aufenthalts erhalten.
Der Künstlerort sprach sich schnell in Malerkreisen herum. So hielt sich Carl Gustav Adolf Thomas seit 1866 in den Sommertagen bis 1881 in Brannenburg zum Studium auf. Anziehungspunkt der Künstler und Landschafter war auch der Nigglsche Gasthof neben der Kirche in Brannenburg. Für das leibliche Wohl sorgte nicht nur die Küche des Hauses, sondern auch eine eigene Metzgerei, Bäckerei und Maierei. Gutes Bier lieferte die nahe Schloßbrauerei. Wer in dieser Taverne oder im Neubau neben dem Gasthof wohnte, hatte es gut. Wir besitzen eine handgeschriebene Aufzeichnung aus dem Jahre 1860 von den paradiesischen Verhältnissen und dem unbeschwerten Leben der Künstler in Brannenburg , aus der Hand des später so bekannten Chiemseemalers Karl Raupp (1837-1918). Besonders beliebt waren die Theateraufführungen im Niggelschen Gasthaus oder die Ausflüge zu den Ritterspielen in Kiefersfelden und zum Volkstheater in Flintsbach. Die Historien-und Genremaler Gabriel von Max(1840-1915) Hans Makart(1840-1884), Heinrich Lossow(1843-1897), Robert Beyschlag(1838-1903), Claudius von Schraudolph(1843-1902) sowie Karl von Piloty(1824-1886) mit seinem Bruder Clemens fühlten sich aufgehoben im Kreis der Theaterspieler auf der kleinen Schaubühne des Niggelschen Gasthofes.
Die Künstlerkolonie Brannenburg lockte selbst den griechischen Genremaler Nikolaus Gysis 81842-1901) sowie dessen Landsmann Nikephoros Lytras nach Brannenburg. 1869war Gysis noch einmal im Inntal mit Eduard Kurzbauer(1840-1879) und Franz von Defregger (1835-1921).
Vermutlich begeisterte der Tier - und Jagdmaler Ludwig Voltz (1825-1911) die beiden Maler Anton Braith(1836-1905) und Christian Mali(1832-1906) für die Landschaft des oberen bayerischen Inntals. Jedenfalls besitzen wir von Braith und Mali schon von 1859 Studien von Inntaler Bauernhöfen in der Nähe von Neubeuern und viele Landschaftsdarstellungen.
Nach 1877 schuf Wilhelm Boshart(1815-1878) sein Bild "Partie bei Brannenburg" dessen Staffage von Friedrich Voltz(1817-1886) stammt. Der Landschaftsmaler Ludwig Skell(1833-1912) streifte auf der Suche nach Motiven besonders im Gebiet um den Wendelstein herum. Von ihm haben wir einen "Blick auf das Inntal".
Alle Maler aufzuzählen die in der Malerkolonie Brannenburg waren, würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. Etwa 50 Jahre hielt die geistreiche und gesellige Künstlergemeinschaft Brannenburg. Selbstverständlich blieb der Ort mit seiner malerischen Umgebung weiterhin das Ziel vieler Künstler. Zu den bedeutendsten Malern zählen der Berliner Max Liebermann(1847-1935), der im Jahre 1893 seinen "Brannenburger Biergarten" malte, Adolf Erbslöh (1881-1947) und zu letzt die großartige Künstlerin Maria Caspar- Filser und deren Ehemann Karl Caspar (1879-1956), der Erneuerer der religiösen Kunst in Süddeutschland.
Brannenburg gehörte ohne Zweifel zu den ersten Künstlerkolonien in Deutschland.
Auszug mit freundlicher Genehmigung des Landratsamtes Rosenheim